Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
Die Küche Asiens mit ihrer unendlichen Vielfalt an Gewürzen und Gerichten fasziniert mich seit jeher. Allerdings: Um die indische Küche habe ich bisher einen respektvollen Bogen gemacht. Irgendwie dachte ich immer, dass man diesen genialen Geschmack, den man aus guten indischen Restaurants kennt, zu Hause nicht – oder nur mit sehr viel Aufwand – hinbekommt. Aber Asma Khans Gesicht lächelt so gewinnend von dem Einband ihres Buches, dass ich beschließe, es nun endlich doch zu wagen: Auf zu meinem ersten indischen Kochbuch.
Asma Khans Weg zu einer bekannten Köchin Londons war kein geradliniger. Auch wenn sie aufgrund ihrer familiären Verbindungen in die verschiedensten Teile Indiens zahlreiche kulinarische Einflüsse vereint, konnte sie doch, als sie von Kalkutta nach Cambridge übersiedelte, nicht kochen. In ihrem ersten englischen Winter übermannte sie das Heimweh und sie beschloss, dass sie diesen fremden Ort nur in ein Zuhause verwandeln konnte, wenn sie wie dort üblich kochte.
Trotz ihres Doktorats in Jura, widmete sich Asma Khan (Foto links) immer mehr dem Kochen. Sie gründete einen privaten Supper Club in ihrer Wohnung, der jedoch nach Protesten ihrer Familie in einen Pub umsiedeln musste. 2017 gründete sie schließlich das Restaurant „Darjeeling Express“, benannt nach dem Zug, mit dem sie in ihrer Kindheit häufig während der Sommermonate reiste.
Zum Weiterlesen
Leseprobe beim Verlag
Website & Instagram des „Darjeeling Express“
Mehr indische Kochbücher bei Valentinas
Die Frauen, die von Beginn an mit ihr in der Küche standen, waren ausschließlich Immigrantinnen, die neben ihren Vollzeitjobs aus Leidenschaft mitmachten. Mit dem steigenden Erfolg des Restaurants konnten sie jedoch alle ihre ursprünglichen Jobs aufgeben, um sich voll dem Darjeeling Express zu widmen. Darüber hinaus engagiert sich Khan für das Thema Second Daughter, der Tatsache in Indien, dass ein zweites Mädchen, das in eine Familie hineingeborenen wird, erheblichen Nachteilen ausgesetzt ist (siehe BBC-Video unten).
Mit dem „Darjeeling Express“ mit Volldampf ins Kochvergnügen
Aber zum Kochbuch: Hinter dem etwas retro anmutenden Umschlag verbirgt sich ein modernes Kochbuch. Die Einteilung der Kapitel ist etwas ungewöhnlich und beginnt mit „Für Zwei“, gefolgt von „Für die Familie“, „Mit Freunden“ und abschließend „Festliche Mahlzeiten“. Auch innerhalb der Kapitel sind die Rezepte nicht geordnet, was ein rasches Auffinden schwierig macht. Aber das ist die einzige kleine Kritik.
Anderseits verleitete die ungewohnte Anordnung der übersichtlichen und mit liebevollen Einleitungstexten gestalteten Rezepte (sowie kurzen Zwischentexten zu Leuten und Kultur) zum gemütlichen Schmökern, anstatt zum raschen Durchblättern.
Die Bilder sind schlicht und verleiten sofort zum Nachkochen, leider gibt es sie nur zu einem (kleineren) Teil der Rezepte. Die Einleitung zu Küchentechniken ist kurz und prägnant und ich lerne zum Beispiel, die besten karamellisierten Zwiebeln zuzubereiten: etwa 10 Minuten sanft braten und dann eine große Prise Salz dazu, das den Zwiebeln das Wasser entzieht und die Bräunung beschleunigt … dann braucht es nur noch 20–30 Minuten und die perfekt knusprigen Röstzwiebeln sind fertig.
Bestechend einfach
Dieser anfängliche Eindruck setzt sich fort – kein Rezept von Asma Khan ist unendlich aufwendig oder schwierig. Im Gegenteil, sie bestechen durch einfache, meist leicht erhältliche Zutaten, rasche Zubereitungsweise und fantastisches Aroma. Bei der Fülle an Gerichten, die ich ausprobiert habe, weiß ich gar nicht, wo ich mit dem Schwärmen beginnen soll: Im Gericht Karai Paneer überzeugt der gebratene, rasch selbst hergestellte Paneer mit einer würzigen Paprika-Tomaten-Sauce. Der in Kurkuma marinierte Fisch in Kokosmilch-Tomaten-Sauce wird sofort zum Lieblingsgericht meiner Kinder und ist – abgesehen von der Marinierzeit – in kurzer Zeit zubereitet.
Die verschiedenen Brote der indischen Küche, von Rogni Roti bis Safranbrot, gelingen leicht und sind eine köstliche Alternative zu Reis. Aber auch der anglo-indische Kokosreis mit seiner süßlich-sättigenden Note (dank viel Kokosmilch) soll als wunderbar von innen wärmende Winterbeilage nicht unerwähnt bleiben.
Einzig der Ingwertee mit Chai-Gewürzen konnte uns nicht restlos überzeugen – hier wurde weitaus zu tief in den Zuckertopf gegriffen. Aber Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden.
Wer wie ich einen unkomplizierten Einstieg in die indische Küche sucht, ist bei Asma Khan in besten Händen. Mit ihren Rezepten kann man auch während einer normalen Arbeitswoche problemlos in indischen Aromen schwelgen – von Paneer bis hin zu den schlichten, aber köstlichen Kartoffeln mit Kreuzkümmeln war jedes Gericht ein Highlight. Aber Khan gelingt es ebenso, die Küche in ihrem kulturellen Kontext des modernen Indiens mit seiner Geschichte darzustellen. Die Autorin beeindruckt, weil sie Leichtigkeit und Haltung zu verbinden weiß.
Veröffentlicht im Februar 2021