Drei Sterne: Hat Stärken, aber überzeugt nicht ganz.
Die Begeisterungsstürme in den Blogs brachen los, da war das Buch kaum richtig auf dem Markt. Auf Instagram hielt gefühlt jede zweite Clean-Eaterin (Sorry, Männer, das ist und bleibt ein Frauending) diesen „modern way to cook“ in die Kamera. Und ich war irritiert: Was soll der Hype – gab es dieses Buch nicht schon seit Jahren?
Nein – nicht ganz. Was dagegen stimmt: Anna Jones‘ „A Modern Way to Cook“ heißt nicht nur fast genau wie ihr Erstling, „A Modern Way to Eat“ – es sieht auch schwer danach aus: Da ist das eher clean gestaltete Cover, auf dem je ein fettes Lob ihres Mentors Jamie Oliver prangt. Da sind die ruhig, aber trotzdem authentisch inszenierten Fotos und die großzügig gesetzten Rezepte im Innern. Und da ist das Credo: Viel Gemüse in wenig Zeit.
Sie sei, schreibt Anna Jones (Foto links) im Vorwort, überrascht gewesen von der so positiven Resonanz auf ihre erste Sammlung von Rezepten, die auf Pflanzen als Hauptzutat setzen und in 15 bis 45 Minuten fertig sind. Offenbar spüre nicht nur sie den Wunsch, trotz eng getakteter Terminpläne „vernünftig“ zu essen. Jones hat darum einfach da weitergemacht, wo sie vor zwei Jahren aufgehört hat – und all die Suppen, Salate, Kuchen und Snacks auf nachhaltiges Apfeltresterpapier gebannt, die seither in ihrer Küche entstanden sind.
Alles so schön bunt hier!
Dazu gehören Ruckzuck-Klassiker wie Omelettes, Ofenkartoffeln und bunte Salate. Es gibt Fastfood wie Burritos, Nachos, Burger und Pizza, Trend-Essen wie One-Pot-Pasta, Gemüsenudeln, Süßkartoffelpommes und diverse „Bowls“, aber auch abgefahrenere Dinge wie einen Bloody-Mary-Salat, Roggenpfannkuchen mit Topinambur oder einen Kuchen auf Basis von Bohnen. Alles sortiert nach Zubereitungszeiten und mit persönlichen Vorworten und/oder Tipps gespickt.
Wie viele ihrer Kochbuchkolleginnen bedient sich auch Jones gern im Superfood-Regal und hantiert mit Zeitgeistigem wie Quinoa, Kichererbsenmehl und Avocado. Dazwischen platziert sie aber immer wieder Gerichte, die mit ausschließlich heimischen Zutaten auskommen – darunter Pastinakenrösti, Kürbis-Lauch-Pfanne oder ein Rote-Bete-Gratin mit Radicchio. Außerdem betont Jones, dass nichts in Stein gemeißelt sei: Wenn das eine fehlt, nimm‘ halt das andere, meint sie.
Himmelhoch jauchzend …
Ganz meine Meinung. Das erste Essen à la Jones stand darum schon auf unserem Tisch, als ihr Buch noch auf dem Weg dahin war: Eine Fenchel-Avocado-Gurken Suppe für heiße Tage, von der eine Bloggerin so geschwärmt hatte und die auch uns sehr viel Lust auf mehr machte. So einfach, so fein kann Sommerküche sein! Ein ähnlicher Kracher: der geröstete Brokkoli mit Gurkenstreifen und Erdnussdressing. In meinem Kopf sah ich uns auf absehbare Zeit nur noch „modern“ kochen und essen – bis ich an die Erbsen-Kokossuppe, einen Karottenkuchen und Jones‘ vegane Version des Viet-Klassikers Bun Cha geriet. Die Suppe ist zwar wirklich verboten schnell gemacht, geschmacklich aber so unauffällig, dass ich eine Wiederholung für ausgeschlossen halte. Noch unausgewogener gerieten der sehr kernige Möhrenkuchen und das Bun Cha: zu viele geschmackliche Einzelkämpfer, zu wenig großes Ganzes. In Ordnung waren die Süßkartoffelgnocchi mit Mandel-Kräuter-Pesto. Endergebnis: drei hopp, zwei top, eins irgendwo dazwischen.
Ein zweiter Aufguss?
Im Nachwort dankt Jones allen, die geholfen haben, dieses zweite Buchprojekt in so kurzer Zeit zu stemmen. Und vielleicht liegt genau da das Problem. Vielleicht hätten einige dieser herrlich zu lesenden und noch schöner anzusehenden Essen ein bisschen mehr Muße vertragen – einen zweiten Blick, einen letzten Schliff. Vielleicht würden dann alle Gerichte so gut und überzeugend schmecken, wie man das von Anna Jones kennt und liebt. Vielleicht hätte man nicht den unschönen Eindruck, als hätte hier jemand versucht, einen Überraschungserfolg ganz schnell noch ein zweites Mal aufzukochen. Das klappt nämlich, Anna Jones wird es wissen, nur bei richtig guten Eintöpfen. Und die haben mit knackig-frischem Gemüse in der Regel nichts mehr zu tun.
Machen wir uns nichts vor: Kritik an Anna Jones ist Kritik auf hohem Niveau. Ihr Versprechen, schnelle und solide Gemüserezepte zu liefern, löst sie auch in „A Modern Way to Cook“ ein. Vielleicht nicht ganz so herausragend, ganz so überzeugend wie im Vorgänger – aber immer noch verdammt solide. Und Fans werden sich freuen: Das dritte Buch „The Modern Cook’s Year“ ist schon in Arbeit …
Veröffentlicht im November 2017
Gute Abend, das erst Buch liebe ich. Das zweite habe ich geschenkt bekommen und bin auch nicht so begeistert wie vom ersten. Ich Stimme den ⭐⭐⭐ also zu. Ich werde mir aber trotzdem das dritte Buch von Anna Jones näher ansehen.
Liebe Grüße Alexandra
Merci!
Interessant. Ich bin ja Anna Jones Fan, aber wenn ich jetzt nachschaue, sind doch fast alle meiner Lieblingsrezepte aus Buch 1. Aus Buch zwei empfehlen kann ich die Pistazien und Himbeer Brownies. Würd mich freuen, wenn andere LeserInnen noch ihre Lieblinge daraus mitteilen würden. 🙂 Weniger try and error.
Na, wenn alle vier nachgekochten Rezepte so gar nicht überzeugen, wundern mich die vier Sterne dann schon…was genau macht dann die Zufriedenheit aus?
Danke, Maria, für den Hinweis. Charlotte und ich konnten das auch nicht mehr in Einklang bringen. Daher jetzt 3 Sterne – war uns auch noch nicht passiert. ⭐️⭐️⭐️