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Katharina Höhnk

Kochbuch von Anjum Anand: Anjums indische vegetarische Küche ★★★★

Anjums indische vegetarische Küche, Anjum Anand, Fotos Emma Lee, Dorling Kindersley Verlag (2013)

Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.

Patricia Drewes

Von

Ein Bekenntnis vorab: Ich war noch nie in Indien. Trotzdem liebe ich die indische Küche sehr. Während meines Studiums hatte ich einen Lieblingsinder, der sein Restaurant in der 15. Etage eines Hochhauses der Ruhrgebietsmetropole Bochum angesiedelt hatte. Die Abende auf der Terrasse mit Panoramablick sind mir in sehr guter Erinnerung, ebenso die würzigen Hauptgerichte, die exotischen Nachspeisen, und nicht zuletzt der Geruch der Gewürze, die in der Küche verwendet wurden. Und weil ich nahezu vegetarisch lebe, lag es für mich nahe, Anjum Anands Kochbuch „Anjums indische vegetarische Küche“ einem Praxistext zu unterwerfen.

Anand schreibt nicht nur Kochbücher, sondern kocht auch vor laufender Kamera für den britischen Fernsehsender BBC. Ihr Fokus liegt dabei auf einer zeitgemäßen, leichten indischen Küche mit europäischem Einschlag. Das Versprechen, nicht nur lecker zu kochen, sondern dabei auch Gewicht zu verlieren, trägt neben ihrem charmanten Auftreten nicht unwesentlich zu ihrer medialen Beliebtheit bei. In ihrem neuen vegetarischen Kochbuch jedoch zählt Anand dankenswerterweise keine Kalorien, sondern tröstet die melancholische Herbstseele mit durchaus fetthaltigen Leckereien wie Erdnussbutter, Cheddar, Kokoscreme und griechischem Sahnejoghurt.

Erstmal die Vorratskammer gefüllt

Anjum Anands Kochbuch sieht man mehrere Leidenschaften an: gutes indisches Essen sind ihr ebenso wichtig wie ein entbehrungsfreies vegetarisches Leben (Anands Mann und Kinder leben vegetarisch) und ein experimenteller Umgang mit der großen bunten Welt der Gewürze. Kurz und präzise informiert sie auf den ersten Seiten über wichtige Bestandteile der indisch-vegetarischen Vorratskammer, und ich war sehr froh, in den Herbstferien für spontane Kochgelage in indischen Lebensmittelläden in Den Haag und Amsterdam stöbern zu können – ich weiß nicht, wie viele Wochen das Beschaffen von Urdbohnen und Asafoetida (getrocknetes Gummiharz) in der ostwestfälischen Provinz in Anspruch genommen hätte, von den befremdlichen Blicken im Dorfsupermarkt einmal ganz zu schweigen.

AnjumAnand-fotoBei der schwierigen Entscheidung, welche Rezepte ich nachkochen sollte, waren die Fotos leider in vielen Fällen keine allzu große Hilfe – das mag daran liegen, dass sich Reistöpfe ebenso wie Aufläufe oder Gemüse mit braunen Würzsoßen nur unter großen Schwierigkeiten farbenfroh darstellen lassen. Um es positiv zu formulieren: Erdtöne dominieren auf den Fotos. Glücklicherweise hilft das sehr gute Inhaltsverzeichnis, gegliedert in Frühstück, Getränke, Salate, Gemüse, Käse, Hülsenfrüchte und Eier sowie Beilagen und Desserts ebenso wie das ausführliche Register sehr bei der Auswahl der Gerichte. Das Kochen nach Anand gestaltet sich völlig unproblematisch: der Großteil der Rezepte nimmt eine Doppelseite ein und ist bebildert, die Zutaten sind übersichtlich aufgeführt und die Handlungsschritte klar erläutert, wenn ich auch ungefähre Zeitangaben zu den einzelnen Gerichten vermisst habe. Großformatige Selbstdarstellungen der Köchin (Foto links) gibt es wenige (Nigella Lawson beispielsweise setzt sich in ihren Büchern wesentlich mehr in Szene), den Schwerpunkt des Buches bilden die Rezepte, weniger das unaufdringliche Layout.

Ein gelungener Crossover – sogar die Kinder greifen zu

Das Kochen der Gerichte selbst gestaltet sich unproblematisch, vorausgesetzt, man hat alle erforderlichen Zutaten im Haus und hält sich rechtzeitig vor Augen, dass viele Gewürzmischungen selbst hergestellt, geröstet und im Mörser zerkleinert werden müssen, was bei manchen Gerichten mehr Zeit in Anspruch nimmt als ursprünglich vorgesehen. Wer sich aber geduldig durch die manchmal nicht ganz kurzen Zutatenlisten arbeitet, der wird mit wunderbaren Düften und warm-würzigen, aber dennoch für den mitteleuropäischen Gaumen nicht völlig fremden Gerichten belohnt, die ein wunderbares Bauchgefühl hinterlassen. Erfreulicherweise schmeckten die Gerichte (bei entsprechender Reduktion der Cayennepfeffer-Menge) auch meinen Kindern, die bei außergewöhnlichen Gewürzmischungen normalerweise nicht unbedingt experimentierfreudig sind – ein weiterer Beweis für ein gelungenes Crossover aus indischer und europäischer Küche.

Veröffentlicht im November 2013

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