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Katharina Höhnk

Kochbuch von Alice Hart: Friends at my table ★★★★

Friends at my table – A year of eating, drinking and making merry, Alice Hart, Porträt Rahel Weiss, Fotos Emma Lee, Quadrille Publishing

Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.

Katharina Höhnk

Von

Nicht nur Vögel mausern sich, sondern auch Kochbücher. Als letztes Jahr meine erste Rezeptsammlung von Alice Hart einzog, dauerte es eine Weile, bis das kindliche Cover Nebensächlichkeit wurde und sich offenbarte, dass es tatsächlich ein Schwan ist.

Seitdem führt Gemüse satt! meine persönliche Liste der meistverschenkten Kochbücher an (neben: Das Kochbuch – exotisch, sinnlich, universal) und da die von mir Beschenkten ebenfalls kulinarische Perlentaucherin sind, erfahre ich weiter, welche Alice-Hart-Rezept noch süchtigmachend gut sind.

Alice-hart-portaetEs war daher geradezu Ehrensache, Alice Harts Neuerscheinung Friends at my table in meine Küche einzuladen. Nach einem ersten Stöbern sank meine eigentlich zu allem entschlossene Lust auf Null. Denn die schöne Alice verließ konzeptionell ausgetretene Pfade zugunsten eines romatischen Querfeldein-Gangs über die Sommerwiese. Nur – die Grafikerin folgte ihr nicht.

Friends at my table ist ein Kochbuch für die Gastgeberin. Zwölf Menüs warten in dem Buch auf ihren Moment, drei für jede Saison: Vietnamese bridal shower, Vegetarian garden brunch, Holiday weekend away, A chic, easy picnic, Laid-back countrey wedding, Help yourself New Year‘s Eve supper – klingen so gut und auch außergewöhnlich, dass man die Anlässe herbeisehnt, um sich ins Kochen zu stürzen.

Wer gerne in die Gastgeberin-Rolle schlüpft, weiß, dass es die Kunst ist, Aufwand und Spaß in die richtige Balance zu rücken, um nicht erschöpft an der Gästetafel sich dem Wein zu ergeben – um dann die Schlüsselmomente beim Ad-hoc-Kochen zu verpassen. „A simple battle strategy, some forward planning and a few lists will help keep you on track.“ bringt es Alice (im Foto links) auf den Punkt und das unterschreibe ich sofort.

Menagerie im müden Spätnachmittag-Licht

Das Kochbuch will aber noch weiter. Alice verknüpft Rezepte und nostalgische Lifestyle-Ideen. Im Web und in Magazinen ist das kein überraschendes Miteinander, bei einem Kochbuch eher. Und das wurde der Grafik wohl zu viel. Ich fühlte mich als Leserin manchmal als schwebte eine Rezept & Co-Menagerie im müden Spätnachmittag-Sommer-Licht vor meinen Augen, die nicht weiß, wohin mit sich: ein Blumenstrauß an Schriftypen, Fast-Lupen-notwendige-Schriftgröße-weil-überblendet – irgendwie gibt es keine intuitive Metaebene, die den Leser führt.

Eigentlich charmante Themeneinschübe über das Wild Swimming, How sweet to be a cloud Floating in the Blue (Wolkenformen) und Rockpools lassen einen zunächst rätseln, denkt man doch erst, dass es sich um Kulianrisches handelt. Hatte ich sie verstanden, fand ich sie zwar irgendwie süß, aber inhaltlich auch sehr fern. Neben den sehr textlastigen Rezepten – was ich immer schätze, denn lieber Genauigkeit statt Oberflächlichkeit an falscher Stelle – gehen die interessanteren Extras unter wie z. B. Indoor Party Games, Warming winter breakfast ideas, Hedgerow Foraging. Das alles ergab keine rechte Harmonie für mich, denn als Gastgeberin braucht man Übersichtlichkeit, im Kopf herrscht eh leichte Aufregung.

OMG-Gerichte

Aber so schnell bin ich nicht abzuschrecken, sonst hätte ich Valentinas schon längst dicht machen müssen. Ich startete mit einem sehr aufwendigen zweiseitigen Rezept für kleine Chicken and wild Mushrooms Pies. OMG. Meine Augen fangen noch an zu glänzen, wenn ich das jetzt schreibe. Zunächst lässt man ein ganzes Huhn mit Suppengemüse eine Stunde in einem Topf Wasser köcheln. Die Brühe wird später mit Wein und Sahne verfeinert und dann für die Bechamel verwendet. Das zerkleinerte Hühnerfleisch wird mit den Wildpilzen, Petersilie, Estragon etc in die vorbereiteten Pasteten gefüllt. Ein königliches Essen und nun mein Masterrezept für Hühnerfrikassée.

Spätestens bei der Vorspeise Melted Raclette Bowls with pumkin salsa war der Wieder-grüßt-das-Murmeltier-Effekt da – Alice ist genial. Die Vorspeise ist ein Baci für jede Gastgeberin, die auch Zeit für ihre Gäste haben möchte und ohne Personal auskommt, wie es schon Julia Child tat: Es wird eine Salsa vorbereitet aus gebackenen Paprika- und Kürbisstücken mit Oregano, Pinienkerne, Essig und grünen zerkleinerten Oliven. Wenn die Gäste da sind, wird Raclette-Käse auf Schälchen verteilt, in den warmen Ofen gestellt, bis er geschmolzen ist, die Salsa darauf verteilt und dann mit knusprigen Brot serviert. Superb. Die Grafik ist tricky, aber die Gerichte aus Friends at my Table sind auf dem Teller für Gastgeberinnen ein Traum.

Veröffentlicht im Mai 2013

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