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Katharina Höhnk

Kochbuch von Adi Bittermann, Renate Wagner-Wittula – Die Wiener Küche

Die Wiener Küche: Die 300 besten Rezepte
Adi Bittermann, Renate Wagner-Wittula, Pichler Verlag, 2011
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Ein Stern: Am besten umtauschen.

Annick Payne

Von

Wenn das Leben neue Fragen aufwirft, rufe ich “hier!”, denn ich bin ein neugieriger Mensch. Wenn die Frage allerdings heißt, wie bereit ich bin, mich von einem Kochbuch weiter enttäuschen zu lassen, ist die Antwort absehbar. Diesen Punkt hatte ich nach genau drei Rezepten der “Wiener Küche” erreicht.

Und es fing so gut an! Ich: Hunger auf Wiener Köstlichkeiten, die sich heimlich in das Küchenrepertoire meiner nordeutschen Vorfahren und auch in mein Herz geschlichen haben. Das Buch: auf den ersten Blick gefällig, mit Fotos, die den Appetit schürten. Zugegeben, dass mich das Layout ein wenig an Dr. Oetkers Schulkochbuch erinnerte, hätte ein erster Hinweis sein können. Die hochmoderne Präsentation traditioneller Hausmannkost der Wink mit dem Zaunpfahl, wenn ich da an ein ehemaliges Lieblingsrestaurant gedacht hätte, dessen Qualität mit steigender Präsentationskunst rapide den Bach herunter ging. Aber ich wollte (noch) schlemmen.

Wiener Küche also. Im Idealfall besteht sie aus regionalen Köstlichkeiten, die vielleicht den Einfluss Ungarns, des Balkans, Italiens oder Österreichs zeigen, möglicherweise aber auch aus den benachbarten Gebieten Böhmen und Mähren stammen. Was soll man sich bei so einer Vielfalt unter Wiener Küche überhaupt vorstellen? Das Leitmotiv heißt meiner Ansicht nach Rind in allen Variationen. Überhaupt, Fleisch spielt eine wichtige Rolle, gerade die Teile, die bei dem ein oder anderen vielleicht Berührungsängste auslösen mögen: Kalbskopf, Blutwurst, Bries, Nieren, Milz, Zunge, Leber, Herz. Für alle, die an dieser Stelle wenig Begeisterung verspüren, wären da noch die berühmten Mehlspeisen.

Bevor ich aus diesem Band gekocht habe, habe ich ein Großteil der Rezepte mit gierigen Augen verschlungen. Vieles ist bebildert, modern angerichtet auf weißem Geschirr, schnörkellose Fotografien vor weißem Hintergrund. Hier steht einmal das Essen im Vordergrund, nicht die Dekoration. Wäre dies eine Speisekarte, ich nähme alles. Ein Foto fällt etwas aus dem Rahmen: bei den phallischen Spargelspitzen, die auf Palatschinkenröllchen angerichtet sind, kann ich mir ein Schmunzeln nicht verkneifen.

Wie steht es mit dem kulinarischen Anspruch? Eine ganz klare Linie finde ich nicht, einerseits werden anspruchsvolle Soßen zum Fleisch gekocht, andererseits die Vanillesoße (S. 393) mit Puddingpulver bzw. Stärke angedickt, statt dass man sich auf die Bindungskraft der ebenfalls enthaltenen Eigelbe verließe. Doch Gerichte wie die im Ofen selbstgeräucherte Forelle setzen die Messlatte eher hoch an. Vielleicht hat man sich um eine Mischung bemüht, die für jeden etwas bietet. Alltagstauglich wird der Band durch seine meist kurzen Rezepte, die – bis auf Innereien – keine ausgefallenen Zutaten oder allzu aufwendige Zubereitung erfordern.

Beim Kochen dann leider das böse Erwachen. Ich befolge die Rezeptanweisung und erhalte mittelmäßiges bis schlechtes Essen. Der Lebkuchenteig ist viel zu flüssig und klebrig, als dass man ihn bearbeiten könnte. Die Tomatensuppe schmeckt gut, was vor allem der selbstgemachten Rindsbrühe zu verdanken ist, aber so ganz ohne Kräuter und kaum gewürzt ein wenig langweilig. Das Gulasch jedoch verdirbt mir die Laune. Beim Kochen denke ich noch, das kann nicht funktionieren, das Ergebnis spottet jeder Beschreibung. Nur soviel, wenn ich eine Gulaschsuppe koche, wird die nicht annähernd so dünn wie dieses Gericht. Selten, dass ich mich beim Kochen richtig ärgere, aber hier habe ich gerade ein Kilo wunderbaresten Rindfleisches versenkt.

Womit wir beim Anfangspunkt wären. Und nun beginnt mein Dilemma. Was kann ich aus diesem Buch noch kochen, um ihm eine faire Chance zu geben? Aufwendigere Rezepte und teurere Zutaten kommen für mich nicht mehr in Frage. Ich will es mit einem Kürbisgulasch versuchen, das wird wenigstens ein billiges Fiasko, sollte auch dieses Rezept nicht funktioniert. Aber kann es überhaupt gut genug sein, um mich von diesem Band noch zu überzeugen? Die Frage stellt sich nicht. Ich kann mich dem Urteil meines Sohnes nur anschließen: “das schmeckt nicht.” Mit Überzeugung sage ich “das musst Du nicht essen!” Seufz.

Anmerkung d. Red.: Da keines der nachgekochten Rezepten aus unserer Sicht empfehlenswert war, verzichten wir auf die Veröffentlichung.

Veröffentlicht im Dezember 2011

2 Kommentare

  1. Clara Blau

    Tja, das ist man so eine Sache mit dem Nachkochen ausländischer Rezepte. In Österreich gibt es anderes Mehl als in Deutschland.

  2. Daniela

    Schade, denn kochen kann er eigentlich der Adi…

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