Sophia Schillik aus Köln ist Rezeptautorin, Foodstylistin und Gastrojournalistin. Auf dem Blog Cucina Piccina (kleine Küche) bereicherte sie lange Zeit das kulinarische Gespräch im Web, nun tut sie das nun auf ihren Instagram-Accounts @cucinapiccina und @text_bild_manufaktur. Ihr Kochstil begeistert dabei durch modernen und hedonistischen Genuss.
Nun hat sie ein Kochbuch veröffentlicht, dass den aktuellen Trend zu weniger Konsum und Besitz bedient: kochen mit weniger Küchengeräten und Konzentration auf das Wesentliche. Wir haben sie dazu befragt.
Katharina: Was bedeutet Minimalismus als Lifestyle-Trend für Dich?
Sophia: Minimalimus, das ist für mich die Kunst des Weglassens, das Gegenteil von Überfluss. Diese Reduktion aufs Wesentliche – beim Kochen – kann auf verschiedenen Ebenen stattfinden. Für den einen ist der Faktor Zeit wichtig, für den anderen eine knappe Zutatenliste oder möglichst wenig Kochgeschirr.
Ich habe auch Freunde, die keinen Backofen besitzen oder einfach nur eine Basisausstattung, ohne fancy Equipment. Das ist auch nicht unbedingt nötig. Gut kochen kann man auch so – in kurzer Zeit, unter einfachen Bedingungen, mit reduzierten Tools oder eben überschaubarer Zutatenliste. Ist das ein Trend? Eine Lebenseinstellung? Mag sein. Manchmal ist es aber auch ganz einfach den Umständen geschuldet. Wenig zu haben oder mit wenig auszukommen hat auf jeden Fall etwas Befreiendes.
Katharina: Minimalismus bedeutet hierzulande für viele Verzicht. Wie passt das zum Genuss?
Sophia: Beides passt sogar hervorragend zusammen! Ganz nach dem Motto „Weniger ist mehr“, das ja nicht von ungefähr kommt. Natürlich weiß ich ein komplexes Gericht aus der Sterneküche sehr zu schätzen, aber ich habe häufig das Gefühl, dass es dem Grundprodukt eher schadet, wenn man es mit tausendundeins Aromen überlagert und tausendundeins Handgriffe zu seiner Bearbeitung aufwendet.
Meine Lieblingsrestaurants und -inspirationsquellen sind jene, in denen man sich auf wenige Elemente beschränkt und diese – durch außerordentliche Qualität oder geniale Kombinationen – zum Strahlen bringt. Dasselbe Prinzip lässt sich auch zu Hause anwenden. Gute Produkte vom Bauern, Metzger, Bäcker, (Feinkost-)Lieferanten des Vertrauens einkaufen und damit kreativ werden – das allein macht doch schon unglaublich Freude – und ist maximaler Genuss.
Katharina: Wie wirkt sich eine minimalistische Küchenausstattung auf das Kochen aus? Was hast Du an Dir beobachtet?
Sophia: Vielleicht muss ich hier kurz ausholen und klarstellen, dass ich bei aller Liebe zur Schlichtheit selbst mehr als nur eine Ikea-Basis-Ausstattung besitze, meist auch einen ausgeklügelten Vorrat – alleine schon, weil das Kochen und die Entwicklung von Rezepten für mich ja mehr als nur eine private Leidenschaft sind. Minimalismus heißt ja nicht zwangsläufig, dass man gar nichts besitzt.
Ich kann mich aber noch sehr gut an die Zeiten erinnern, als ich meine Mahlzeiten in einer winzigen Kombüse mit sehr begrenzten Möglichkeiten zubereitet habe. Da wird man zwangsläufig kreativ, lernt mit wenig Equipment und Arbeitsfläche auszukommen, rollt den Nudelteig per Hand aus, streicht Suppen durch ein Sieb für das optimale Ergebnis, knackt die Nüsse mit einem Hammer. Ich gebe zu: Eine gute Basisaustattung macht das Leben einfach leichter. Ein paar Geräte möchte ich heute nicht mehr missen.
Katharina: In Deinem Kochbuch stellst Du Deine „Kitchen Heroes“ vor. Wer sind deine drei Must-haves neben einem guten Messer? Welches elektrische Gerät ist unverzichtbar?
Sophia: Eine Handvoll Tools erleichtern den Küchenalltag. Man braucht ja nicht viel. Aber ein guter Topf mit schwerem Boden, in dem man sowohl Fleisch anbraten als auch Pasta kochen kann, ein guter Mixer mit starkem Motor für Saucen, Cremes und Dips, Nussmus und Gewürzmischungen sind schon sehr praktisch. Ich bin außerdem ein Zitrusfruchtlover, verwende wahnsinnig gern Zitronenschale in meinen Rezepten, ein Zestenreißer oder eine feine Reibe gehören bei mir unbedingt in die Schublade. Beim Geschirr bin ich ebenfalls schlicht gestrickt. Ich liebe Schüsseln, da esse ich am liebsten draus.
Katharina: Deine Rezepte zeichnen sich einerseits durch eine breite Diversität an Gemüse, Obst, Hülsenfrüchten und Getreidearten, andererseits durch feine aromatische Akzente. Was war Dir bei der Rezeptentwicklung im Hinblick auf das Geschmackserlebnis wichtig?
Sophia: Ein Kochbuch zu entwickeln, das ein spezielles Thema und einen roten Faden hat, bei dem alle auf ihre Kosten kommen und man sich selbst am Ende auch noch in den Rezepten wiederfindet, ist ein ziemlicher Spagat. Ich habe versucht, einen breiten Bogen zu spannen und sowohl Fisch- und Fleischfans als auch Vegetarier glücklich zu machen, trotz des Minimalismus-Gedankens auch mal ein paar besondere Ideen einzuflechten, damit sich versierte Köche nicht langweilen. Balance ist für mich ein guter Leitfaden. Ich koche privat sehr ausgewogen und da ist Gemüse meist die Basis. Balance ist auch wichtig in den einzelnen Gerichten selbst: Das richtige Verhältnis zwischen Säure, Salzigkeit und Süße, Cremigkeit und Crunch-Faktor, Leichtigkeit und Erdigkeit, Frische und Fett macht die Sache rund.
Katharina: Herzlichen Dank!
Veröffentlicht im Januar 2020
Danke! 🙂
Schönes Interview.