Der Wasserkocher hat in der Küche nur eine Zweckbestimmung: Er soll Wasser kochen. Alles andere übernehmen Töpfe und Pfannen. Diese einseitige Betrachtungsweise ist aber dem Überfluss geschuldet. Das zeigt Thomas Götz von Aust, der ein Kochbuch geschrieben hat für das Kochen MIT dem Wasserkocher. Der kann nämlich weit mehr und fast alles. Gute Neuigkeiten für die nächste Fernreise und andere Momente der Improvisation.
Katharina: „The Joy of Waterboiling“ ist ein Kochbuch mit 100 Rezepten für den Wasserkocher. Wie hast die Methode für Dich entdeckt und was war Dein erstes Gericht?
Thomas: Die Umstände brachten mich zum Wasserkocher: glückliche sage ich heute, vor bald zehn Jahren widrige. Ich war frisch in eine Studenten-WG eingezogen, in der ein ehemaliger Mitbewohner ein Jahr lang verheimlichte, die Gasrechnung nicht bezahlt zu haben. Mein Einzug fiel mit dem Verplomben des Gasanschlusses zusammen, und in der Küche blieben als funktionierende Geräte die Mikrowelle und der Wasserkocher übrig. Ich war der Experimentierfreudigste, und nachdem mein erster Versuch mit Yam Yam Instant Noodles erfolgreich gewesen war, war das MacGywer-Gen in mir geweckt und es folgten Pastanudeln, eine fertige Tomatensauce bis hin zum Anschwitzen von Knoblauch und Zwiebel in Öl für den selbst gemachten Sugo.
Katharina: Was zeichnet das Kochen mit einem Wasserkocher aus? Worauf muss man beim Kochen achten? Geht alles?
Thomas: Der Wasserkocher spart Geld, Platz und Zeit. Die Anschaffungskosten meines Geräts waren 20 €, und ihn richtig eingesetzt – wie, verraten wir im Buch auf der Seite ‚The Joy of Saving‘ – spart Energie. Sowieso ist er ein Kraftpaket – sein physikalischer Wirkungsgrad kommt an den moderner Gasherde heran und kostet dabei nur einen Bruchteil. Und er nimmt keinen ganzen Raum in Beschlag, sondern ist nach dem Gebrauch platzsparend wegpackbar und doch umgehend wieder einsetzbar, im WG-Zimmer, in der Kleinstwohnung, im Hostel etc.
Grundsätzlich ist alles im Wasserkocher zubereitbar, was in einem Topf gezaubert werden kann, Basics wie Reis und Nudeln, Snacks, Suppen, Hauptgerichte, Desserts und warme Getränke. Die ganze Bandbreite des One-Pot Cooking, und das mobil!
Katharina: Dein Kochbuch bietet Rezepte vom Frühstück über Salate bis Desserts und Cocktails. Sogar ein Rezept für Szegediner Gulasch ist dabei. Welches Kapitel/Rezept war am kniffeligsten, welche Rezepte nutzt du heute noch am meisten?
Thomas: Die Rezepte sind aus der Schule von Christiane Scheffenacker. Sie brachte meine elementare Kocherei auf ein Level, das ich mir in meinen kühnsten Träumen nicht habe vorstellen können. Szegediner Gulasch aus dem Wasserkocher, das haut einen doch aus den Schuhen!
Ich persönlich liebe heiß und innig die Suppenrezepte, mit Reis, Nudeln oder Quinoa aus dem Wasserkocher ergänzt sind vollwertige Mahlzeiten im Nu und sogar auf Vorrat zubereitet.
Katharina: Ein Wasserkocher kann auch Sous-Vide, schreibst Du. Wie gelingt das?
Ich erlaube mir diese Frage mit einem praktischen Beispiel aus dem Buch zu beantworten: Die Gewürzorangen und Kumquats für das gleichnamige Rezept auf Mascarponecreme. Orangen und Kumquats werden in einem Gewürzsirup – vorab im Wasserkocher selbstverständlich zubereitet – mariniert und zwar in einem Plastikbeutel. Fest verschlossen zieht er für 5 bis 10 Minuten im Wasser. Eine Geschmacksexplosion auf dem cremigen und kalten Mascarpone!
Katharina: Wie lange hält bei Dir ein Wasserkocher? Worauf ist beim Einkauf zu achten?
Thomas: Ich nutze bis heute den Wasserkocher, mit dem ich vor bald einem Jahrzehnt angefangen habe: ein Edelstahlmodell! Er kocht und kocht und kocht. Grundsätzlich ist jedes Modell geeignet, solang ein Minimalkriterium erfüllt ist: keine Heizspirale, sondern die Temperatur erzeugt das verdeckte Heizelement im Boden.
Von Vorteil sind zusätzlich eine zylindrische Form und ein Deckel, der sich zu 90 Grad öffnen oder sogar abnehmen lässt wie von einem Kochtopf.
In letzter Zeit habe ich die Wasserkocher aus Glas für mich entdeckt – mit Freunden auf dem Tisch gekocht und die Zutaten tanzen wie ein Unterwasserballett. Das ist ein Schauspiel!
Katharina: Vielen Dank!
Veröffentlicht im Oktober 2019
In meiner Studentenzeit habe ich aus Not Nudeln mit dem Tauchsieder gekocht. Eine Kachel im Topf trennte Nudeln und Heizspirale. Eine Erfahrung, die ich nicht wiederholen muss.
Warum sollte ich in einem schmalen engen Wasserkocher herumrühren und dann noch die umständliche Reinigung auf mich nehmen, wenn ich es bequem im Kochtopf erledigen kann?
Und stellt sich nicht jeder Wasserkocher bei 100 Grad aus?
Hmmm…….
Liebe Gabriele, völlig richtig, der Topf ist die erste Wahl.
Wie Thomas schrieb ist dieses Buch aus einer Improvisation heraus entstanden – quasi aus einer Notsituation. Aber sowas kann ja passieren. Dieses Buch ist daher eher eine kulinarische Spielerei, wie weit man mit einem Wasserkocher kommt. Es hat einen humoristischen Aspekt, wie man aus einer Not eine Tugend machen. Ich denke nicht, dass der Wasserkocher Töpfe ablösen wird … .-)
100 Grad: Genau, deshalb muss der Knopf gedrückt bleiben.
Liebe Grüße!
Wow, wie spannend! Ich plädiere für die Veröffentlichung von Beispielrezepten – das klingt echt irre! Und die Sache mit der Reinigung interessiert mich auch…
Herzlich: Charlotte
Folgen natürlich! 🙂