Zwei Sterne: Begeisterung sieht anders aus.
Wasser aromatisiert mit Früchten und Kräutern soll uns nicht nur auf den Geschmack bringen, sondern in glückliche und perfekte Menschen verwandeln – ganz schön viel auf einmal, wenn Sie mich fragen.
Wir alle kennen das Problem. Immer wieder passiert es uns, dass der Tag an uns vorbeihuscht und wir einfach nicht genug getrunken haben. Und ich meine hier nicht die unzähligen Tassen Kaffee im Büro, das süße Erfrischungsgetränk zwischendurch oder den Wein zum gemütlichen Essen am Abend. Ich meine das, was unser Körper nun einmal am Dringendsten braucht: Wasser!
Wat mutt, dat mutt
Wie viel Flüssigkeit ein jeder täglich zu sich nehmen sollte, kann schnell über diverse Wasserbedarfsrechner im Internet ermittelt werden. Für Erwachsene empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) 35 ml pro Kilogramm Körpergewicht. Für die meisten dürfte also ein Wert um die 2,5 l pro Tag herauskommen.
„Aroma-Wasser“ von Anne Iburg setzt genau hier an. Wie kann man die lästige Notwendigkeit, sein tägliches Pensum Wasser zu trinken, erfreulicher und vielleicht auch schmackhafter gestalten? Denn Wasser pur, da graut es vielen – ob nun mit oder ohne Kohlensäure.
Willkommen in der Detox-Hölle
Das kleine, bunte Büchlein präsentiert insgesamt 38 Ideen für Zutaten bzw. Kombinationen von Zutaten, mit denen sich Wasser aromatisieren lassen soll. Beinahe allerdings wäre ich gar nicht bis zu diesen Ideen durchgedrungen, so sehr habe mich an den ersten Seiten gestört. Es geht nämlich gar nicht nur um Lecker-Wasser, sondern um Detox. Das Zauberwort kommt allein auf den ersten beiden Seiten 12-mal vor – gefühlt in jedem zweiten Satz. Ich „lerne“, dass ich erst zwei bis fünf Liter Leitungswasser ablaufen lassen, bevor „ausgezeichnetes Detox-Wasser“ entstehen kann. Oder, am Ende des Buches, dass ich mein Detox-Wasser innerhalb von 24 Stunden trinken sollte, „da sonst die Zutaten gesundheitlich und geschmacklich negative Inhaltsstoffe ins Wasser abgeben“. Also meine Himbeeren aus dem Garten darf ich zwar essen, aber wenn ich sie zu lange in Wasser lege, sondern sie gesundheitsschädliche Inhaltsstoffe ab?? Ich glaube, ich brauche jetzt erst mal einen Schnaps.
Was ist ein Rezept?
Ich widme mich lieber dem praktischen Teil und suche Rezepte zum Ausprobieren aus. Zunächst muss ich feststellen, dass die Gestaltung der 38 Ideen zwar sehr hübsch gelungen ist mit ansprechenden Fotografien und Piktogrammen (und leider auch überflüssigen Beschreibungen, die die wundersamen Heilswirkungen der verwendeten Ingredienzen preisen), dass es sich aber andererseits nicht wirklich um Rezepte handelt. Bei keiner Idee wird angegeben, wie viel der jeweiligen Zutaten mengenmäßig auf welche Menge Wasser zu verwenden sind. Sind das dann eigentlich überhaupt Rezepte? Ist das egal?
Ich probiere es aus. Das erste Rezept: Sommertraum. Ich nehme also Erdbeeren, Gurke und Thymian, wasche und schneide die Zutaten, gebe sie in eine große Flasche Wasser und fülle (sogar mit gefiltertem) Wasser auf. Ab in den Kühlschrank und nach einer gewissen Ziehzeit mache ich den ersten Test – der eher enttäuschend ausfällt. Zwar strömt mir ein schöner Duft nach den drei Zutaten beim Öffnen der Flasche entgegen, geschmacklich allerdings kann man sie nur erahnen. Vielleicht hätte ich doch von allem einfach mehr verwenden müssen?
Die Menge macht’s doch
Ich recherchiere im Netz und konsultiere andere Bücher zu dem Thema, und ja, offensichtlich muss man VIEL MEHR nehmen, als ich zunächst gedacht hätte. Leider schweigt sich die Autorin dazu aus, keines der „Rezepte“ nennt Mengenangaben. „Anne Iburg“ ist übrigens ein Pseudonym der Ökotrophologin Marlein Auge (wie kommt man auf so was?).
Um so manches Obst hat es mir im Nachhinein leidgetan (meine armen Himbeeren, herzlos ertränkt, statt ihre süße Herrlichkeit pur zu genießen). Erstaunt war ich jedoch, wie prima Kräuter als Aromageber funktionieren und ein wirklich erfrischendes Getränk ergeben. Und beim Freundschaftsbeweis (Grapefruit + Rosmarin) konnte man sogar noch am Ende die Grapefruitspalten genießen, die das Einweichen tapfer überstanden haben.
Ein Buch, das ein paar nette Ideen liefert, allerdings im Großen und Ganzen entbehrlich ist, zumal weder zur Vorbereitung der Zutaten noch deren Mengenverhältnissen Angaben gemacht werden. Der ganze Überbau zum Thema Detox ist doch eher nervig und teilweise pseudowissenschaftlich.
Veröffentlicht im Juni 2017