Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Dass Nüsse wahre Kraftpakete sind, hat sich längst herumgesprochen. Sie liefern Eiweiß, gesunde Fette, Vitamine und Mineralien und gelten als Superfood mit Wunderkräften. In ihrem Nuss-Kochbuch verspricht die Autorin Estella Schweizer, auch uns zu Nussliebhaber*innen zu machen.
Klimaschonende Ernährung ist in aller Munde und auch ich will meinen Beitrag leisten. Regional einkaufen und saisonal kochen, weniger Fleisch und Milchprodukte konsumieren – Nüsse scheinen eine gute Alternative. Außerdem schmecken sie gut (und sollen sogar schlank machen)! Meine Frage an das Buch ist also nicht nur, ob die Rezepte gut umsetzbar sind, sondern ich will wissen, ob das Ganze auch tatsächlich nachhaltig ist.
Die Ausgangslage
Jetzt aber erst einmal ein kurzer Überblick; was wird uns geboten? Das Buch stellt 80 vegane Rezepte mit Nüssen vor. Darüber hinaus gibt es Grundrezepte für Milchersatzprodukte, Dressings und Saucen. Auf den ersten Blick bewegen sich die Rezepte irgendwo zwischen altbekannter Vollwertküche (Kartoffel-Bärlauch-Streich, Bircher-Müsli) und innovativer veganer Küche (Cashew-Hollandaise, Blumenkohl-Taboulé).

Die Autorin Estella Schweizer (Foto links) ist Expertin für pflanzenbasierte Nahrung und „Agentin für angewandten Genuss“ – damit hat sie sofort meine volle Sympathie! Auf ihrer Webseite stellt sie ihre mittlerweile drei Kochbücher vor, und auf YouTube kann man ihr beim Kochen zusehen.
Bevor ich auf die ge-nüss-lichen Aspekte eingehe, hier einige Gedanken zur Nachhaltigkeit. Erstens: Wer auf lokalen Einkauf setzen will, wird bei Nüssen enttäuscht werden, denn diese werden bei uns nicht in nennenswerten Mengen angebaut. Cashews (im Buch am häufigsten verwendet) kommen zum größten Teil aus Afrika, wo ihr Anbau Millionen von Kleinbauern ernährt. Allerdings wird der Großteil der Produktion nach Asien verschifft, um dort verarbeitet zu werden. Will man also nachhaltig konsumieren, sollte man Bio- und Fair-Trade-Produkte kaufen, denn „eine direkt aus Afrika importierte, verzehrfertige Cashew reist in etwa 15 Tagen zu uns. Eine unfair gehandelte, in Asien geschälte Nuss braucht dagegen etwa 60 Tage und hat um ein Vielfaches mehr Kilometer auf dem Buckel.“
Zum Weiterlesen:
Leseprobe beim Verlag
Webseite und Instagram der Autorin
Mehr vegane Kochbücher bei Valentinas
Wie man sieht, ist der Verzehr von Nüssen also nicht automatisch nachhaltig … außer, man setzt konsequent auf faire Produkte und futtert die Nüsse nicht gleich kiloweise (das macht dann auch nicht schlank).
Von betörend bis lecker
Glücklicherweise werden Nüsse in vielen Rezepten eher sparsam eingesetzt. Das ist auch gut für den Geldbeutel, denn qualitativ hochwertige Nüsse sind teuer, ebenso wie das häufig verwendete Nussmus. Teurer wird es bei der Herstellung von Milchersatzprodukten. Mein Versuch, Cashewjoghurt herzustellen, war ein totaler Misserfolg, und so landeten 400 g Cashews mal eben in der Biotonne. Den Vorschlag, mit der Menge der zugesetzten Probiotika zu experimentieren, bis es klappt, schlage ich aus Kosten-Nutzen-Erwägungen aus.

Jetzt aber zur Frage: Wie war das Kocherlebnis? Sehr gut! Vieles war betörend gut, wie z. B. die gerösteten Möhren auf Nuss-Quinoa (eines der wenigen Rezepte mit Haselnüssen) oder die Tomaten mit Auberginenspeck. Ein Rezept, das ich anfangs eher für überflüssig hielt (noch ein Hummus Rezept – echt jetzt?), das Bohnen-Orangen-Hummus, begeistert regelmäßig unsere Gäste. Und die Cashew-Hollandaise hat im Frühjahr die traditionelle Hollandaise zum Spargel verdrängt.
Flops gab es glücklicherweise wenige. Dazu gehörten der erwähnte Cashewjoghurt oder die aufwendige Tellerlasagne mit Kürbis und Linsen, die weder in Konsistenz noch Geschmack überzeugte.
Empfehlenswert!
Der Großteil der getesteten Rezepte war mit geringem Zeitaufwand und einfach zuzubereiten. Sie können zudem problemlos an die Jahreszeit oder persönliche Vorlieben angepasst werden.
Estella Schweizer:
„Nuss kommt von GeNUSS, sage ich gerne zu Menschen die mehr über die essbaren Samen unter den harten Schalen erfahren wollen.“
Das Buch selbst ist solide und ohne Schnickschnack verarbeitet. Vermutlich gut gemeint, aber nur bedingt hilfreich fand ich die zwei Rezeptregister: in dem ersten werden die Rezepte nach den verwendeten Nüssen aneinandergereiht, in dem zweiten nach den frischen Zutaten. Ein alphabetisches Register ersetzt das leider nicht.
Mit Blick auf die Regionalität hätte ich mich über mehr als nur drei Rezepte für Maronen gefreut, die in einigen Regionen Deutschlands und Österreichs heimisch sind, und auch Hasel- und Walnüsse mit 5 bzw. 8 Rezepten fand ich unterrepräsentiert. Der Großteil der Rezepte basiert auf Cashew (35 von 80 Rezepten), gefolgt von Mandeln (deren Anbau übrigens sehr wasserintensiv ist), Macadamia und Kokos.
Auch wenn nicht alle Rezepte zu 100 Prozent mir bei Nachkochen gelungen sind und ich mir mehr Rezepte mit heimisch(er)en Nüssen gewünscht hätte, so hat mich die Grundidee doch überzeugt. Das Nuss-Kochbuch bereichert den Speiseplan mit neuen Geschmackserlebnissen und macht ihn zudem nachhaltiger – eine echte Win-Win-Lösung also!
Veröffentlicht im April 2023