Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Wer kann schon dem Duft von frisch gebackenen Waffeln widerstehen? Ich glaube keiner. Im Dunstkreis des Familienlebens erreichen Waffeln Popularitäts-Rekordwerte. Sogar coole Papas, kleine Mag-nix-Esser und fremdelnde Wessi-Ossi-Großpapas greifen zu, wenn hier im Prenzlauer Berg auf Kinder-, Kita- und Schulfesten eine Wagenladung Waffeleisen heißgefahren und Bottiche Teig verbacken werden. Etwas Puderzucker, fertig ist das Glück – und das zieht seine Kreise.
Infolgedessen holten wir Großmutters quietsch-orangefarbenes 70er-Jahre-Waffeleisen aus dem Keller. Hatte ich früher die These vertreten, dass ein perfektes Waffel-Basisrezept ein Leben lang reicht (und das war natürlich das, welches ich mit meiner Großmutter immer gebacken habe), so musste ich feststellen: Wir, meine Tochter und ich, wollten mehr.
Tara Duggans „Waffel“-Backbuch war und ist auf unser Verlangen eine runde Antwort. Denn das Büchlein ist ein gelungenes Beispiel, wie ein Spezialthema aufgefächert werden kann. Auf eine gute Basis folgt Für-jeden-etwas-dabei-Vielfalt. Gleich sieben Grundrezepte präsentiert die Autorin z. B. mit Buttermilch, Mehrkorn und Maismehl. (Letzteres macht die Waffeln übrigens leicht süßlich und knusprig.) Ein kurzer historischer Einwurf, dass Waffeln bereits im Altertum zubereitet wurden, ein Hinweis auf die wunderbaren Brüsseler Waffeln (I love!) und Details über Waffeleisen-Typen präperieren jedermann. Man kann aber auch gleich zur Sache kommen – zu den Waffelrezepten.
Die Autorin setzt dabei auf süße und herzhafte Anlässe: Frühstück, Lunch & Abendessen und Dessert. In ihrem Rezeptrepertoire selbst finden sich viele Aromenpaare, die sich außerhalb der Waffelwelt als Klassiker bewiesen haben: Zitrone & Mohn, Buchweizen und Lachs, salzige Karamellsauce, Zucchini und Käse. Das liest sich erstmal nicht innovativ, praktisch überzeugt das Vorgehen aber, weil Experimentierlust nicht unbegrenzt vorhanden ist, wenn die Familie mitrührt, und nicht nur eine Waffel, sondern einige gebacken werden wollen. So war es bei den Kartoffelwaffeln mit Apfelmus. 350 g gekochte Kartoffeln kommen in den Teig und wir grübeln noch, machen wir sie oder nicht. Spitze finde ich übrigens Duggans Idee für Arme-Ritter-Waffeln mit altbackenem Brot, die in Sachen Konsistenz/Bräunung sicherlich der Pfannen-Variante überlegen ist.
Experimentierlust in Sachen Süße habe ich dagegen Null-Komma-Null. Gerade US-Rezepte können in dieser Hinsicht abenteuerlich sein und die Originalausgabe des Buches kommt aus den USA (Cover links). Meine Befürchtung war, Tara Duggan ließe mich tief in den Zuckertopf greifen. Das hat sich aber nicht bestätigt. Duggans Süße ist für meinen Gaumen stimmig. Dagegen lässt sich die kulinarische US-Prägung bei vereinzelten Zutaten nicht übersehen: Marshmallows, Erdnussbuttercreme, frittiertes Hähnchen in Panade, Ahornsirup und Cranberrys.
Ansonsten wirken Duggans Ideen regional ungebunden. Sie setzt für ihre Waffeln auf Verfeinerungen der Basisrezepte plus frischer Begleitung wie z.B. die Orangen-Schmand-Waffeln oder herzhafte Maismehl-Waffeln mit Tomaten-Relish. Auf Schulfesten wird man diese Varianten nicht antreffen, ganz sicher. Zuhause sind sie dafür eine Bereicherung und mehr sogar. Als Foodie hofft man ja immer auf Überraschungen. Gerne so, dass das Vorstellungsvermögen den Genuss unterschätzt. Genau diese Surprise trat hier in Gestalt der Sauerteig-Waffel-Sandwiches mit Speck, Salat und Tomate auf. So grau der Teig, aber auweia – so gut.
Update: Bei den Grundrezepten hat sich das Fehlerteufelchen eingeschlichen. Statt „125 g Butter, zerlassen, oder 1/4 l Rapsöl“ muss es richtig 1/8 l Rapsöl heißen. Dank an Lilli für den Hinweis.
Veröffentlicht im März 2014
Ich liebe Waffeln und freue mich über neue Rezepte! Das Buch kommt gleich auf meine Wunschliste, danke für den Tipp!
Du auch? Einfach herrlich. 🙂
Gerne!!