Ein Stern: Am besten umtauschen.
Die Nordic Bakery ist eine Bäckereikette zweier Finnen, die in London drei Bakeries betreiben. Seit kurzem gibt es auch eine Zweigstelle am Frankfurter Flughafen und passend zur Eröffnung nun auch das Backbuch auf deutsch. Miisa Mink verspricht uns “die besten Backideen aus Skandinavien”. Die Rezepte klingen verlockend, zeichnen sich aber nicht durch Verlässlichkeit aus – und das macht sich dann im Geschmack bemerkbar. Dass zudem die Übersetzung küchenfremd über Selbstverständlichkeiten stolpert, hilft auch nicht gerade.
Beginnen wir mit Äußerlichkeiten, das englische Cover reflektiert das puristische Design der Filialen, das deutsche Cover und der Titel sind ungleich hausbackener; urtümliches Skandinavien für die Deutschen, schicke moderne Nordic Bakery für die Briten. Schade, dass der deutsche Band nicht auch auf dem Einband mit einem tollen Foto protzen will. Da hilft nur eins, Buch aufschlagen: mir gefällt das Design mit den stimmigen, in Blau und Brauntönen gehalten Fotos auf Anhieb, jedes einzelne Rezept ist bebildert und lässt den Leser in eine ruhige Welt eintauchen, in der beim wohligen hin und her Blättern der Appetit nicht lange ausbleibt.
Frau Minks Rezepte sind auf die fünf Kapitel Brote; herzhafte Backwaren; Kuchen; Hefeschnecken und Küchlein; sowie Tartes und Kekse aufgeteilt. Der erste Eindruck macht Lust, gleich loszubacken. Die Brote: alles Hefeteige, viel auf Roggenmehlbasis, aber auch Gerstenmehl kommt öfter zum Einsatz. Einige Brötchenrezepte sind dabei, ebenso Knäckebrot und verschiedene Fladenbrote. Die herzhaften Backwaren sind Quiches und Pies, statt Mürbe- oder Blätterteig verwendet die Autorin einen Gebäckteig, der wahlweise mit Crème Fraîche, Quark, Frischkäse oder Cheddar angereichert wird. Auch das Kuchenkapitel beginnt mit einem Grundteig, aus dessen Variationen verschiedene Kuchen entstehen. Hübsch: die mit Beeren gefüllt Schichttorte; verlockend: eine mit Eis gefüllte Biskuitrolle. Es folgen Zimtschnecken in gleich drei Varianten, süße Brote und Brötchen, Kleingebäck. Einige Tarts mit Beeren, Apfel bzw. Rhabarber und Kekse beenden den Rezeptteil.
Beim Nachkochen entpuppen sich die Rezepte als nicht immer sorgfältig, noch als besonders verlässlich. Wünschen würde ich mir mehr Konsistenz z.B. bei den Angaben zu Hefe, die zwischen Trockenhefe und frischer wechseln. Auch den Backofen sollte man nicht vorheizen, wenn es das Rezept verlangt, wer hier nicht mitdenkt muss ggfs. eine hohe Stromrechnung zahlen. Oder: für den Hackfleischkuchen (S. 43) werden Zwiebeln angebraten, beiseitegestellt und tauchen dann nie wieder auf. Ich habe sie eigenmächtig zur Füllung gegeben.
Gar nicht gut: mehrere Rezepte verwenden “Rundkornreis (Milchreis).” Beim Hackfleischkuchen lese ich “der fertige Reis soll ziemlich klebrig sein” (S. 43). Das Rezeptfoto zeigt eindeutig keinen klebrigen Reis, sondern deutlich erkennbar einzelne, separate Reiskörner. Ich soll den Reis nach Packungsvorschrift garen. Beim ersten Versuch habe ich tatsächlich Milchreis verwendet, doch die Packung bietet nur eine Anleitung für süßen Milchreis an, das kann hier sicherlich nicht gemeint sein, oder doch? Ich habe ihn salzig und in Wasser zubereitet, das Ergebnis war eine eklig schleimige Angelegenheit, über die man besser stille schweigt. Ein zweiter Versuch mit Basmatireis dagegen ähnelte dem Rezeptfoto und schmeckte um Klassen besser.
Womit wir zum nächsten Kritikpunkt kommen: die Übersetzung schlampt mehrfach und dem Verlag ist dies entweder nicht aufgefallen oder egal. Doch so gelangweilt, dass ich Finde-den-nächsten-Fehler spielen wollte, bin ich nie. Wirklich. Darf ich als Leserin nicht erwarten, das ein ausländisches Kochbuch unseren Lebensmitteln und Küchengeräten angepasst wird und dass ein Manuskript vor der Veröffentlichung auf Fehler überprüft wird? Fast alle Probleme dieses Bandes hätten einfach beseitigt werden können.
Bis auf eines: geschmacklich überzeugen die wenigsten Rezepte. Die meisten Backwaren beschreibt man akkurat als “extrem fettig, aber nicht sonderlich süß.” Mit der verhaltenen Süße hätte Frau Mink durchaus bei mir punkten können, wenn sie nur ihre Butterorgie etwas eingedämmt hätte. Selbst das Knäckebrot enthält 100 g Butter auf 450 g Mehl; ein wahres Leichtgewicht im Vergleich zum Grundrezept für Rührkuchen, für das ein Paket Butter nicht ausreicht, hier wird mit 300 g auf ebensoviel Mehl gerechnet. Vielleicht kann man gut gebuttert dem arktischen Winter besser trotzen, meinen Geschmack trifft es nicht.
Übersetzungsprobleme
Damit nicht der Eindruck unfairer Kritik entsteht, hier einige Beispiele ohne Anspruch auf Vollständigkeit: Unnötig ist der Wechsel zwischen Mehlsorten mit deutscher Typenbezeichnung wie Weizenmehl Type 550 und und der aus dem englischen Original entlehnten Bezeichnung Allzweckmehl (“all purpose flour”). Warum nicht Weizenmehl Type 405? Blödsinnig sind Angaben wie “starkes Vollkornmehl zum Brotbacken” (S. 16; S. 35). Stärker als Vollkorn kann ein Mehl nicht sein. “Hellbrauner extrafeiner Zucker” (S. 76) als mutmaßliche Übersetzung für golden castor sugar ist sicherlich eine Verbesserung gegenüber dem legendären Kastorzucker, aber noch keine große Einkaufshilfe für den Ottonormalverbraucher. Bei ausländischen Zutaten wäre es generell überlegenswert, entweder den Mut zu haben, sie durch bei uns gängige Zutaten zu ersetzen oder sie in einem Glossar aufzulisten und zu besprechen. Eindeutig fehlerhaft ist die Anleitung (S. 94), “Teigbällchen auszurollen” – Bällchen sollen gerollt, aber bestimmt nicht ausgerollt werden! Dann hat man nämlich keine Teigbällchen mehr. Dass es in Deutschland es keine Backbleche der Größe 23 × 32 cm gibt (S. 122), könnten Übersetzerin und Verlag wissen und den Text entsprechend anpassen. Andere Übersetzer lösen das Probem beispielsweise so: “verkleinern Sie ein Backblech mit Alufolie auf eine Größe von …”.
Veröffentlicht im Januar 2013
Ich habe das Kochbuch auf Englisch und war selbst in der Londoner Nordic Bakery. Das englische Kochbuch finde ich wirklich gut, 90% dessen, was ich bisher ausprobiert habe ht super funktioniert und sehr gut geschmeckta Im englischen hat man auch keine Probleme, die Mengen etc. zu übertragen.
Beim Milchreis würde ich bezüglich der Karelian Pies recht geben, die schmecken einfach nicht, aber für den Minced Meat Pie ist der in Brühe gekochte Reis genau richtig.
Ich kenne die deutsche Version nicht und kann daher nur mutmaßen, dass die Qualität anscheinend unter der Übersetzung leidet. Ich werde auch weiterhin gut und gerne mit der englischen arbeiten, an welcher es absolut gar nichts auszusetzen gibt.
Habe meiner Mutter (Finnin) das Buch geschenkt und sie ist begeistert! Das Nordländer einen anderen Geschmack haben (das weiß auch Haribo und hat die Produkte auf diesen Markt angepasst) ist hinlänglich bekannt.
Das man gewisse Zutaten (wie das Mehl Typ 505 statt 480) bei uns nicht zu kaufen bekommt, ist meiner Meinung kein Problem. Auch bei anderen Kochbüchern wird einem nicht jedes Rezept schmecken.
Der Quark-Blätterteig ist auch hier gut bekannt. Und ja er ist fett und vielleicht der heutigen Lightküche nicht gerade zuträglich, aber er ist keine finnische Erfindung.
Ich mag das Buch, auch die Aufmachung, Design und Fotos. Nur mit dem Begriff „Skandinavien“ tue ich mich sehr schwer. Die kleinen weichen Zimtschnecken und den Blaubeerkuchen sowie ein Brot habe ich bisher problemlos nachgebacken, auch wenn ich es beim Abwiegen nie so genau nehme sondern eher meiner Erfahrung vertraue. Hefe ist sowieso Erfahrungssache und wenig Zucker kommt mir entgegen. Kuchen und Brot haben uns echt gut geschmeckt. Aber die kleinen Zimtschnecken, die sind so genial, das waren die allerbesten Zimtschnecken, die ich je gebacken und gegessen habe, nun schon öfter, u.a. auch mit Pflaumenmus statt Zimt und viel kleiner als im Rezept beschrieben, die schmecken auch am 3. Tag noch wie „neu“ und sehen fast noch schöner aus als auf dem Foto. Allein dehalb hat sich das Buch gelohnt. Ich werde es nicht zurückgeben sondern mich mutig durcharbeiten.
Das Buch beinhaltet definitiv ein paar Fehler, der „schlimmste“ der mir aufgefallen war: man solle für die Pfannkuchen (weiß gerade nicht welche Seite und die genaue bezeichnen, auf jeden Fall sind sie ganz dünn und auf dem Foto sind glaube ich auch ein paar Blaubeeren mit drauf) 800ml Milch dazugeben. Ich gehe stark davon aus, dass hier nur 80ml gemeint waren, da ich bei der Menge genau die richtige Konsistenz erhielt.
Wer ein bisschen Ahnung vom Backen und Kochen hat, der kann mit diesem Buch ganz sicher einiges anfangen und evtl. Rezepte von vorn herein variieren und erkennen, was zu viel des Guten ist! Meiner Ansicht nach, sind viele tolle Rezepte darin, die echt klasse sind. Mein bisheriger Favorit sind die Möhren-Haferbrötchen!
In zwei Tagen habe ich Geburtstag, die ganze Familie ist eingeladen und alles was ich kochen & backen werde dafür, ist aus diesem Buch – ich gehe stark davon aus, dass es allen schmecken wird, wie bislang auch 😉
Dann wünsche ich einen ganz schönen Geburtstag. Und danke für Deine Perspektive auf das Buch, das ist immer sehr interessant für uns. 🙂
Ich finde es etwas schade für das Buch. Ich habe das Original und habe gute Ergebnisse erzielt. Es finden sich mal ein wenig andere Rezepte in diesem Buch. Besonders lecker fand ich die Blaubeertarte oder auch den Haferflockenkuchen mit Blau- und Himbeeren. Auch das Roggenbrot hat gut geschmeckt.
Der eine Stern ist doch nun wirklich nicht gerechtfertigt. Dazu passt auch teilweise die Rezension nicht. Und ich finde in der Rezension auch keine vernünftige Begründung dafür. Und nur weil der pudding rice vielleicht falsch übersetzt wurde, kann man doch nicht das gesamte Buch schlecht bewerten. Ach übrigens beim Rezepte testen fehlen die Zimtschnecken und der Blaubeerkuchen. )
…von Finninnen, aber ursprünglich für den englischen Markt geschrieben: wie ist denn das dann mit dem Salz bei den Rezepten mit Butter? Auf der Insel gibt\‘s ja in erster Linie Salzbutter zu kaufen die Rezension vermittelt den Eindruck, es könnte sich (wieder mal!) um eine Übersetzung handeln, bei denen der Küchenverstand nicht mal ausreichte, um das zu bemerken… stimmt meine Vermutung?
Die Butterangabe wird 1:1 mit “ungesalzener Butter” wiedergegeben. 🙂
Mir persönlich gefällt es besser, wenn die Übersetzungen so authentisch wie möglich bleiben. Besonders bei den Zutaten. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich öfters mal in GB bin oder weil wir hier einen guten kleinen britischen Laden haben. Ich finde es katastrophal wenn man die Rezepte einfach ändert, ändern kann ich sie ganz allein, aber die Vorlage muss original übersetzt sein (auch wenn Fehler mit übersetzt werden )). Wo viel Zucker oder wie in diesem Fall viel Butter drin ist, dann ist das so.
Und das Buch muss man nicht umtauschen (außer man hat eine Butter-Phobie…)
Und selbst wenn der Übersetzer eine holprige Übersetzung abliefert, sollte das spätestens im Lektorat auffallen – an diesem Beispiel sieht man ganz gut, was Kochbuchlektorinnen und -lektoren so tun – im besten Fall merkt der Leser nicht, was sie geleistet haben. Hier merkt er, was sie hätten tun müssen – vielleicht gab es ja kein Lektorat?
Das sieht mir nach einer Übersetzung aus, bei der die oder der Übersetzer keine gute Kenntnis der britischen Produkte hat. “Starkes Vollkornmehl zum Brotbacken” ist sicher “strong bread flour”, das sich durch einen erhöhten Gehalt an Gluten auszeichnet – deshalb “strong”. Da bleibt einem in Deutschland nichts anderes übrig, als “normales” Vollkornmehl zu nehmen. Und den “golden castor sugar” haben wir hier leider auch nicht.
Auf der Buchmesse lies der Blick ins Buch gutes verheissen, die Bilder hatten mir auch super gut gefallen. Aber schade, dass wie so oft bei übersetzten Kochbüchern, es in Deutsch einfach nicht Rund läuft.
Uff, klingt gar nicht gut und das Buch wandert sofort von meinem Wunschzettel. Danke fürs Durchkämpfen und Aufklären! 🙂
Liebe Annick, ich danke Dir für diese so ehrliche und ernüchternde Rezension! Kurz davor, mich von der Aufmachung des Buches verführen zu lassen, weiss ich nun, dass ich lieber die Finger davon lassen sollte!
Liebe Grüße