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Katharina Höhnk

Backbuch von den Scharl-Schwestern: Guerilla Bakery – Zuckerorgasmus ★★★★

Guerilla Bakery – Zuckerorgasmus, Isabel, Sarah und Vanessa Scharl, Edel Books (2016)

Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.

Maria Gütig

Von

Wer sein Buch „Zuckerorgasmus“ tauft und offiziell „Fuck the Backmischung“ propagiert, kommt sicherlich mit keinem klassischen Backbuch um die Ecke. Und das ist auch gut so. Wie drei Schwestern aus Wien erst mit ihrer Pop-up-Bäckerei und schließlich mit dem Buch dazu den Beweis antreten, dass jede(r) backen kann!

Was machen drei Schwestern, wenn sie mit Cookies auf dem Sofa sitzen? Eine Kuchenrevolution anzetteln! So ist das zumindest bei Isabel, Vanessa und Sarah Scharl aus Wien gewesen, die in einer süßen Sonntagslaune ihre Guerilla Bakery gründeten. Fortan wurde an Wochenenden wie wild gebacken und das Ergebnis an einem Kuchen- und Tortenbuffet feilgeboten. Erst bei ihnen zu Hause, später bei Freunden und in geschlossenen Wirtshäusern.

Das gefiel den Österreichern so gut, dass die Damen, die eigentlich alle aus dem Journalismus kommen, mittlerweile einen fixen Standort im Kaffeehaus Greisslerei und besagtes Buch veröffentlicht haben.

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Nervenzusammenbrüche & Wespenstiche

Mit dem hauen sie optisch auf die Pauke – den knalligen Illustrationen von Nanna Prieler sei Dank – und machen mit der „Zuckerorgasmus“-Unterschrift zumindest mich sofort neugierig. Denn obwohl ich meine Leidenschaft für die Küche beim Backen entdeckt habe, hatte ich schon lange kein spannendes Backbuch mehr in der Hand. Liest man dann noch die herzige Geschichte der Schwestern, die für das Buchprojekt eine Woche lang „50 Kuchen gebacken haben – ein paar Nervenzusammenbrüche und Wespenstiche inklusive“, muss man sie einfach mögen.

Umso besser, dass sich das Ergebnis auch mit Vorschusslorbeeren als Glücksgriff erweist. Die Rezepte bleiben mit Zutaten und Zubereitungszeit übersichtlich, wie „Elfis schnelle Marille“ beweist, ein Kuchen, „den jeder kann und der garantiert funktioniert“. „Fuck the Backmischung“ eben. An fast alle Rezepte – bis auf das Soufflé vielleicht – können sich BackanfängerInnen bedenkenlos versuchen. Denn die Beschreibungen sind detailliert und immer wieder mit Tipps gespickt, was man ersetzen kann und wo man sich strikt ans Rezept zu halten hat.

Vorspiel, Gaumenkitzler, Seelenpetting

Hinter den Kapiteln „Gaumenkitzler“, „Cookielingus“, „G-Spot“, „Seelenpetting“ und „Vorspiel“ versteckt sich auf 160 Seiten die süße weite Welt. Angefangen bei Frühstücksteilchen wie Brioche und Granola geht es weiter über Brownies, Muffins, Cupcakes und endet bei Klassikern wie Gugelhupf und Blechkuchen. Außer einer glutenfreien Mousse-au-Chocolat-Torte nimmt die Sammlung keine Rücksicht auf Kalorien und Allergien. Dafür umso mehr auf hochwertige Produkte. In Einschüben stellen die Schwestern ihr eigenes feines Mehl vor und erklären, worauf man bei guter Schokolade achten soll: „Dunkle Schokolade enthält oft Vanillin! Das wollt ihr auf keinen Fall!“

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Durchaus gewollt ist der Ösi-Sprech, der immer wieder in den Texten durchkommt – wenn die Sahne plötzlich Schlagobers heißt oder der Puderzucker zu Staubzucker wird. Auch bei den Verben habe ich definitiv noch etwas Wiener Schmäh gelernt: „kuttern“ z. B. bedeutet schreddern. Und wer es ganz genau wissen will, bekommt vor dem Register noch ein Glossar mit Österreichisch, Deutsch und Voralrbergisch.

Von Vanillekipferl bis Sticky Cupcakes mit Speck

Backen als Zeichen der Völkerverständigung? Naja, vielleicht ist das zu hoch gegriffen. Aber in ihrer unkonventionellen Art nehmen die Scharl-Schwestern keine Rücksicht auf Grenzen – ganz traditionelle Geschichten wie Buchteln, Vanillekipferl und Fake-Sachertorte versus Milchreis-Tarte, Oreo Cakepops oder ziemlich perversen Sticky Elvis-Cupcakes mit Erdnussbutter-Frosting und Speck. Dass so viel Foodporn auch noch richtig Spaß macht, zeigen die Fotos dazu. Auf denen ziehen die Damen schon mal bemalte Tüten über den Kopf (Guerilla und so), haben Sahne auf der Nasenspitze oder ihre Zunge draußen.

Der Zuckerorgasmus hält, was er verspricht. Bedingungslose Kuchen-Quickies, Tortenschlachten und kleine schmutzige – äh süße Sachen. Schnell und unkompliziert gemacht, trotzdem mit überzeugendem Ergebnis. Bei der Auswahl der Zutaten wird jede Naschkatze fündig und selbst Backmuffel könnten mit der Guerilla Bakery ihre Lust an der Springform wieder – Anfänger sogar neu entdecken.

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Veröffentlicht im November 2016

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