Fünf Sterne: Valentinas Liebling – zum Schwärmen gut.
Stellen Sie sich sich als Maler vor – die Zutaten sind die Pigmente, die Rezepte Ihre Vorlage wie beim Malen nach Zahlen. Kann man ein Backbuch poetischer einleiten? Mit Barcomi’s Backschule stellt Cynthia nun bereits ihr siebtes Werk rund ums Backen vor. In Berlin ist die Unternehmerin seit langem Kult, ich habe bislang noch keines ihrer hochgelobten Werke probiert. Wird aus mir ein neuer Back-Picasso??
Cynthia Barcomi (Foto unten), die in New York Philosophie und Theaterwissenschaften studiert und als Tänzerin gearbeitet hat, ist also keine Profi-Patissière, was jeden Back-Neuling beruhigen wird. Und ihr Credo ist: Jeder kann backen!
Sie nimmt ihre Leser an die Hand, macht sie erst einmal mit den Zutaten, der Ausstattung vertraut, gibt viele praktische Hinweise. Dann folgen neun Kapitel mit den verschiedenen Teigarten, nicht ganz so streng gegliedert, wie man es vielleicht von klassischeren Backbüchern kennt. Hier heißen sie zum Beispiel „Schnell gerührt: Quick Cakes“ (Eischwerkuchen, Streuselkuchen, Brownies) oder „Luftig leicht: Genoise, Chiffon & mehr“. Dazu Pies, Hefegebäck und fünf weitere Grundteige. Dazwischen kurze Exkursionen über Cookies und Cheesecake.
Grundtechniken, Tipps & Step-by-Step-Rezepte
Innerhalb der Kapitel tummelt sich unterschiedlichstes Gebäck querbeet: mal süß, mal herzhaft, mal Kuchen, mal Kleingebäck; von Streusel-Pie mit Äpfeln über Brokkoli-Quiche zu Cranberry-Scones in drei Seiten. Das ist auf den ersten Blick vielleicht ein wenig verwirrend, aber nicht weiter schlimm –im Gegenteil: Es zeigt die enorme Vielseitigkeit des Buchs.
Natürlich sieht man häufig Cynthia Barcomis amerikanische Handschrift: ob Frischkäse-Poundcake aus den Südstaaten oder Schokoladen-Zucchini-Kuchen (Foto unten), aber auch Focaccia, Laugen-Bagels (eine Kreation für ein deutsch-amerikanisches Fußballspiel), Strudel und Sauerteigbrot finden hier Einzug.
So habe ich das Buch auch gar nicht als einfaches Schritt-für-Schritt-Einsteigerbuch wahrgenommen, denn jedes der rund 80 vorgestellten Rezepte ist ein ganz eigenes, kreatives Rezept. Am Anfang jedes Kapitels werden Grundtechniken erläutert, gibt Barcomi Tipps und zeigt auf zwei Seiten Rezept und Fotos der verschiedenen Arbeitsschritte. Mein Favorit: bevor man Eiweiß aufschlägt, die Schüssel mit einer Essig-Salz-Mischung ausreiben. Noch nie gehört, aber natürlich brav befolgt – und es hat tatsächlich tip-top geklappt.
Damit habe ich auch die Schokoladen-Chiffon-Torte mit dem 7-Minuten-Frosting getestet. Ein wenig skeptisch war ich, da der Teig in einer nicht eingefetteten Form gebacken wird und dann einige Stunden kopfüber auf eine Flasche gestülpt auskühlen muss! Kann das gutgehen? Der Kuchen löste sich – zwar etwas schwer, aber glücklicherweise im Ganzen und war tatsächlich wunderschön leicht und fluffig. Nur war er uns VIEL zu süß, insbesondere die Creme, die mich ein wenig an die Masse in Schokoküssen erinnerte. Im Prinzip sehr lecker, aber halb so viel Schaumcreme und deutlich weniger Zucker (Barcomi verwendet 250 g auf 2 Eiweiß!) würde uns völlig reichen.
Now I made it!!!
Mein Back-Höhepunkt war jedoch mein erster selbst gemachter Blätterteig. Ich versuche schon gerne auch mal knifflige Rezepte, neue Zutaten, mache vieles selber, aber an Blätter- oder Plunderteig habe ich mich doch nie dran getraut oder überhaupt Lust verspürt. Now I made it!!! Und es war gar nicht so schwer, das Ergebnis dafür sensationell! Ob Anfänger sich gleich daran wagen sollen, lasse ich jetzt mal dahingestellt, zumal ich auch deutlich mehr Mehl einarbeiten musste, um den Hefeteig, in den die Butter eingeschlagen wird, formbarer zu bekommen. Aber ansonsten habe ich es nach der Anleitung im Buch perfekt gemeistert. Auf meine Zimtknoten bin ich richtig stolz.
Zum Weiterlesen
Leseprobe beim Dorling Kindersley Verlag
Cynthia Barcomi bei Instagram
Alles von Cynthia Barcomi auf Valentinas
Auch das Schwarzbrot wird fester Bestandteil meines Backrepertoires, so simpel war es in der Herstellung und lecker im Ergebnis. Somit habe ich es noch gar nicht zur eigenen Kreation geschafft, weil mir Cynthia Barcomis Rezepte schon genug spannende Kompositionen beschert haben. Für alle, die selbst kreativ werden wollen, gibt das Kapitel „Create your own“ genug Hilfestellung dank Tabellen, die aufzeigen, welche Bestandteile in welchem Verhältnis ausgetauscht werden können oder wie man Mengen für Backformen anpasst. Leider nicht, wie sich dadurch die Backzeit ändert.
165 °C
Ein Dilemma, das mir auch dieses Buch nicht ganz ersparte: Wann genau ist mein Gebäck fertig?! Stäbchenprobe, federnder Biskuit oder Klopfen auf den Brotlaib – ganz sicher bin ich mir nie. Barcomi backt oft bei etwas niedrigerer Temperatur (165 °C) – egal ob Umluft oder Unterhitze, was erstaunlich ist. So wurde das Schokoladen-Teebrot mit Pflaumen erst nicht gar, und als ich doch noch etwas die Temperatur erhöhte, waren fünf Minuten schnell zu viel, wofür natürlich das Buch nichts kann.
Zum Back-Picasso hat es bei mir noch nicht gereicht, aber in Cynthia Barcomis Backschule werde ich noch lange genügend wunderbare Anregungen zum einfachen und gelingsicheren Nachbacken finden – und das macht ja auch glücklich.
Veröffentlicht im Oktober 2018
Ich freu mich sehr, dass Frau Barcomi schon wieder 5 Sterne geschafft hat! Echt beständige Qualität der Veröffentlichungen, chapeau!