Valentinas stellt seit 2008 Kochbücher mit ihren besten Rezepten vor.

Über 5.200 Beiträge erwarten Dich: kuratiert & wärmstens empfohlen.

Read, cook, enjoy!
Katharina Höhnk

Backbuch von Chad Robertson: Das Brot ★★★★

Das Brot – Das Kultbuch aus der „Tartine Bakery“ San Francisco
Chad Robertson
Fotos: Eric Wolfinger
AT Verlag (2018)
Mehr über den Verlag

Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.

Julia Eckl-Dorna

Von

Wenn ich an kulinarische Höhepunkte der US-amerikanischen Küche denke, ist gutes Brot sicher nicht das Erste, was mir in den Sinn kommt. Und doch halte ich nun ein 300 Seiten starkes Buch eines US-Amerikaners mit dem schlichten Titel „Das Brot“ in Händen. Ob das nun den Siegeszug der amerikanischen Brotkultur in unseren Haushalt bedeutet? Oder sind gar europäische und amerikanische Werte in Bezug auf Brot doch nicht so unterschiedlich, wie ich dachte?

Wir Europäer – insbesondere im deutschsprachigen Raum – blicken auf unsere Brotbackkultur mit einem gewissen Stolz. Und zumindest in Wien beobachte ich in den letzten zehn Jahren einen wahren Boom an kleinen hochqualitativen Bäckereien. Aber auch so manchen Hobbykoch motiviert die Liebe zu geschmackvollem Brot, sich dem Sauerteig zu widmen. Und so bin im Bekanntenkreis als bekennende „Brotselbstversorgerin“ auf der stetigen Suche nach neuen Brotinspirationen nicht alleine.

Ein Amerikaner mit Liebe zur französischen Brotbacktradition

Chad Robertson (Foto links) hat die legendäre Tartine Bakery 2002 mit seiner Frau und Pastry-Chef Elisabeth Pruiett in San Francisco gegründet. Zahlreiche Filiale wie auch die Bar Tartine gehören inzwischen zu dem Unternehmen. Die letzte öffnete Januar 2019 am San Francisco International Airport ihre Pforten.

Das ist neueste Entwicklung einer Erfolgsgeschichte, auf die das Buch wenig eingeht, denn es erschien erstmalig auf Englisch 2010 und jetzt erst in deutscher Sprache. Im Vordergrund stehen vielmehr auf 30 Seiten seine Lehr- und Wanderjahre in den USA und vor allem auch Frankreich. Dieser textlich ausschweifende Stil zieht sich durch das ganze Buch und macht die Lektüre nicht immer zum reinen Genuss für Pragmatiker wie mich.

So umfasst die Anleitung für das Grundrezept „Country Bread“ tatsächlich 40 Seiten, auch das Baguette-Rezept nimmt zehn Seiten des Buches ein. Zwar sind Rezepte und Arbeitsschritte zahlreich bebildert, aber die Bilder sind nicht in den Text eingebaut und so hat mein Buch schon einige Gebrauchsspuren vom häufigen Hin- und Herblättern mit Teigfingern.

Allerdings sind die Fotos auffallend stilvoll, reduziert und mit Liebe zum Detail gestaltet. Mit ein Grund dafür ist sicher, dass der Fotograf Eric Wolfinger auch selbst in der Tartine Bakery arbeitet. Im Tauschhandel gegen Unterricht im Wellensurfen hat er hat das Backhandwerk von Chad Robertson erlernt.

Brotvariationen von Polenta bis Zitrone-Olive

Eines ist klar: Robertson hat viel getüftelt, wie sich seine Rezepte von einem professionellen Backofen auf ein Haushaltsgerät umsetzen lassen. Er gibt dem Brotteig genügend Zeit an Stock- und Stückgare, um sich optimal zu entfalten (keine Angst vor den Fachbegriffen – sie werden ausführlich erläutert). Und doch so sehr er versucht, es zu vereinfachen – sein Zeitplan zum Brotbacken ist mit dem Alltag eines berufstätigen Menschen nicht immer leicht vereinbar. Und so weiche ich hier und da von seinen Angaben ab, was aber dem Ergebnis (glaube ich) nicht schadet.

Das Country Bread mit Oliven wird herrlich luftig und das Aroma der Zitrone harmoniert ausgezeichnet mit dem der dunklen Oliven. Auch das Baguette ist so leicht säuerlich, wie man es sich wünscht. Nicht einmal, dass sich mein Sohn am Ende der Garzeit unabsichtlich mit vollem Gewicht auf das Baguette aufstützt, kann der Luftigkeit etwas anhaben.

Allerdings geht Robertsons Konzept des Grundrezepts mit Variationen desselben nicht immer auf. So werden beim Weizenbrot mit Leinsamen und Sonnenblumenkernen die Kerne in einem Liter Wasser eingeweicht, ohne dass die Wassermenge im Grundteig des Weizenvollkornbrots reduziert wird. Dieser Teig war deutlich zu feucht zum Verarbeiten. Ähnlich erging es mir bei der Polenta-Variation des Country Bread.

Zum Weiterlesen

Leseprobe beim Verlag

Website der Tartine Bakery

Chad Robertson bei Instagram

Mehr Brot-Backbücher bei Valentinas

Übrigens enthalten fast alle Teige zum Großteil Weizenmehl, Liebhaber anderer Mehlsorten werden mit einem einzigen Rezept für Roggen-Landbrot abgespeist. Dinkel- oder Emmermehl werden gar nicht verwendet. Grund dafür ist einerseits vermutlich ein kultureller, aber dennoch: Den Einsatz verschiedener Getreide vermisse ich hier.

Auch wird das Buch nicht unbedingt seinem Titel gerecht. Jene, die so wie ich auf eine Fülle neuer Brotrezepte hoffen, werden etwas enttäuscht, denn fast die Hälfte des Buches nimmt das Kapitel „Altes Brot“ ein. In diesem Kapitel werden etwa 50 Rezepte für die Verarbeitung von übrig gebliebenen Brotresten gegeben. Auch wenn diese durchaus gut klingen und sinnvoll sind, hätte ich mir eher mehr Brotrezepte gewünscht. Das Thema Brötchen bleibt leider überhaupt ausgespart.

„Das Brot“ vermittelt viele Grundbegriffe des Brotbackens in verständlicher und ausführlicher Form. Allerdings hätte ich mir mehr und vielschichtigere Rezepte erwartet, meist handelt es sich um Variationen weniger Grundrezepte. Wer allerdings nach Möglichkeiten sucht, auch altbackenes Brot wohlschmeckend zu verarbeiten, wird hier sicher nicht enttäuscht!

Veröffentlicht im Februar 2019

Schreib' uns!

Meistgelesen

Themen A-Z

a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z 0-9