Vier Sterne: Ein Kochbuch, das zufrieden macht.
Mit Zeit, Aufmerksamkeit und den bestmöglichen Zutaten kann jede:r ein gutes Sauerteigbrot backen, meinen die zwei jungen Brotbäcker Casper und Martin aus dem norwegischen Fredrikstad. Ok, Geduld und Übung spielen auch noch eine Rolle. Und ich würde sagen: Eine gute Anleitung schadet auch nicht.

Es war Casper /Foto links, re.), der als Erster mit dem Sauerteigbrot-Backen anfing und Martin (Foto links, li.) überredete, es doch auch mal zu probieren. Heute nun führt Martin die Bäckerei Ille Brød in Oslo, während Casper eigentlich nur noch für den Hausgebrauch backt. Bereits seit 2013 sind die Freunde backend auf Instagram unterwegs, dessen großartige und inspirierende Backcommunity sie sehr schätzen.
Einflüsse & Traditionen
Überhaupt haben die zwei viel von anderen Bäckern gelernt und dann weiterentwickelt. Wie etwa von Chad Robertson, der mit seiner Tartine Bakery vor einigen Jahren eine regelrechte Welle losgetreten hat. Und eben auch Casper und Martin maßgeblich beeinflusst hat – wie viele (Hobby-)Bäcker weltweit, die sich an Kopien des hellen Brotes mit luftig-lockerer Krume versuchen. Ihr Schwerpunkt liegt nun bei dem Backen mit Sauerteig aus alten Getreide- und Mehlsorten mit traditionellen Zubereitungstechniken.
Zum Weiterlesen:
Leseprobe beim Verlag
Website & Instagram der Autoren
Mehr Brotbackbücher bei Valentinas
Mit seinen sechs Kapiteln (Mehl, Wasser, Salz; das Anstellgut; das Grundrezept; Pannenhilfe, Rezepte und Bezugsquellen) beschreibt das Brotbackbuch ziemlich grundlegend den Weg von den Ausgangsprodukten bis zum fertigen Brot. Da ich schon ein triebstarkes Anstellgut mein Eigen nenne, überfliege ich die sehr detaillierte Anleitung zur Herstellung desselben nur. Die Autoren arbeiten hier mit einer Mischung aus Roggenvollkorn- und hellem Brotmehl und führen das Anstellgut insgesamt etwas flüssiger (130 g Wasser/100 g Mehl), als ich es tue (1:1). Auch verstehe ich nicht, warum so viel Anstellgut (280 g) angerührt wird, wenn man doch nur max. 40 g braucht. Da kalkuliere ich viel knapper. Ist doch schade um die ganzen Reste – die ich übrigens oft einfach in Pfannkuchenteig verbacke.

Anhand eines Grundrezepts stellen sie dann ihre Standardmethode vor: Sauerteig ansetzen, einstündige Autolyse, Salz einarbeiten, Dehnen und Falten, Vorformen, Stockgare, Wirken, Stückgare, Kalte Gare und schlussendlich das Backen im gusseisernen Topf oder freigeschoben auf Schamottesteinen. Das alles ist detailreich mit großformatigen Gärbläschen und doppelseitigen Schritt-für-Schritt-Falt-und-Formanleitungen bebildert. Ich denke, da bleiben keine Fragen offen.
Das Auge genießt mit!
Überhaupt die Bilder. Zwar ist das Buch bereits 2015 in Norwegen erschienen, doch ästhetisch absolut auf der Höhe der Zeit bzw. in seiner Hell-Dunkel-Optik beinahe aus der Zeit gefallen: minimalistisch inszenierte Brotstillleben, dunkle Farben, immer wieder Holz (und wenig Technik, geknetet wird ohnehin per Hand), großformatige Naturaufnahmen und Porträtfotos der Autoren, die sich kontemplativ dem Backhandwerk widmen. Die Brote dabei recht rustikal und ein jedes einladend-nachbackenswert anzusehen.
Mein erstes Brot wird dann auch direkt das Grundrezept, das übrigens den gängigen Bäckerprozenten folgt: ein Brot mit 70 % hellem Brotmehl und 30 % Dinkelmehl, 20 % Sauerteig, 2 % Salz und einer etwas ungenau angegebenen Hydration von 75–85 %. Doch gerade für Einsteiger:innen sind Brote mit hohem Wasseranteil schwer zu handeln. Ich finde, da fehlt in dem sonst so ausführlichen Rezept ein Hinweis, wann und warum man mehr oder weniger Wasser nimmt.
Die Autoren über ihr Buch:
„Es gibt viele Wege zu einem guten Sauerteigbrot, die hier vorgestellte Methode ist für uns die beste. Sie ist perfekt für das Backen mit steingemahlenem Mehl aus kleiner Handwerksproduktion, das oft nicht ganz so backstark ist wie handelsübliches Mehl. Gelingen diese Brote, haben sie eine luftige, saftige Krume, eine aromatische knusprige Kruste und den unverwechselbaren Charakter des jeweiligen Korns.“
Da ich mir just am Backtag tief in den Finger geschnitten habe, ist an ein Kneten per Hand leider nicht zu denken. Auch beim Mehl muss ich marginale Abstriche machen. Martin und Casper verwenden nur beste regionale Bio-Zutaten, außerdem steingemahlenes Mehl, denn da wird das Korn minimal erwärmt und es ist somit nährstoffreicher. Ich habe auch ein tolles Bio-Mehl, aber leider nicht steingemahlen. Heraus kommt trotzdem ein sehr ordentliches Brot – wenn auch die Blätterei durch die über 30 Seiten des Grundrezepts etwas nervt. Das folgende Pain de Campagne und das Brot mit gekeimten Körnern sind sogar sehr gut, mit luftiger Krume und aromatischer Kruste. Und ich bin mal wieder begeistert, dass man solche Brote aus einem ganz normalen Haushaltsofen ziehen kann.
Doch da die insgesamt nur 13 Rezepte alle im Wesentlichen dem Grundrezept folgen, war das Nachbacken für mich letztlich nicht ganz so abwechslungsreich. Denn im Prinzip geht es um einen zeitlichen „Herstellungsablauf“, der dann mit verschiedenen Mehlsorten – oder mal durch die Zugabe von Flocken oder Körnern – reproduziert wird. Für Einsteiger:innen, um Grundlagen und Abläufe zu verstehen, gewiss geeignet, denn wie es im Buch so richtig heißt: „Die einzige Möglichkeit, ein guter Sauerteigbäcker zu werden, ist, so viel wie möglich zu backen.“ Wenn auch die sich vielleicht ein paar mehr Rezepte wünschen würden. So ist es ein schönes, ein informatives Buch, aber durch den großzügigen Satz und die vielen (sehr hübschen) ganzseitigen Fotos für meinen Geschmack auch etwas aufgebläht.
Veröffentlicht im November 2022