Drei Sterne: Hat Stärken, aber überzeugt nicht ganz.
Ich gebe auf. Es geht nicht. Ich kann nicht von Weihnachtsbäckerei schreiben, ohne dass mir Rolf Zuckowski durch die Ohren dudelt und nach Rezepten fragt, die niemand mehr findet. Im entsprechenden Stapel in der Küche meiner Eltern – ein schiefer Turm aus Frauenzeitschriften, Gratisheftchen und losen Zetteln – ist mancher Vorjahresfavorit jedenfalls auf Nimmerwiedersehen verschwunden.
Möglicherweise sind Familie Zuckowski und wir nicht die einzigen, denen es so geht. Vielleicht waren ähnliche Erfahrungen der Grund, weshalb der EMF Verlag 15 seiner Autor/innen (u. a. Blogger/innen wie Sara Plavic, Mara Hörner, Marc Kromer oder Sabrina Sue Daniels) gebeten hat, ihm Lieblingsrezepte für einen „süßen Advent“ zu schicken – auf dass man sich diese gedruckt und zwischen Buchdeckel gebunden ins Regal stellen möge; Verluste ausgeschlossen.
Über solche Entstehenshintergründe kann man allerdings nur mutmaßen – fest steht allein: Das Label „Weihnachtsbäckerei“ führt hier in die Irre. „Christmas Baking“ betonen wir wesentlich zeitgeistiger: Der Einband glänzt golden, im skizzierten Kakaobecher dümpeln Marshmallows, und Kokosmakrone und Christstollen muss man zwischen all den Cheesecakes, Cupcakes und Peppermint-Bark ein bisschen suchen. Manches davon – Zeitgeist, again – ist sogar zuckerarm und/oder vegan.
Weil je 24 Rezepte auf vier Großkapitel verteilt wurden (= Plätzchen, Kleinigkeiten, Torten & Kuchen sowie Desserts, außerdem ein Kapitel mit Grundteigen und Frostings), ließe sich das Ganze auch als Adventskalender nutzen. Ein Kann, kein Muss – ordinäres Blättern funktioniert genauso: Das Layout ist aufgeräumt und trotzdem an den richtigen Stellen verspielt, die hell-luftigen Fotos sprechen dieselbe Sprache.
Nichts zu meckern, nichts zu jubeln
Testkandidaten finde ich schnell: Die Chocolate Snowballs gibt es, weil alle Zutaten im Haus sind und ich die Kombination aus Schokolade und Rum sehr mag, an (Lebkuchen-)Waffeln komme ich bekanntlich eh nicht vorbei und die Lebkuchen Cupcakes sind Argument, endlich das Muffinblech wieder zu nutzen. Und ich kann nicht meckern: Das alles klappt und schmeckt solide – wenn wir von der erklecklichen Menge Zucker in den Cupcakes einmal absehen. Aber: Das ist es dann auch. Kein „Wow“, kein „bitte wieder“ – nüscht.
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Und obwohl noch fast 100 Rezepte übrig wären, springt mich eine Adventszeit lang kein weiteres mehr an. Entweder, weil ich Dinge so oder ähnlich schon zu oft gesehen oder gegessen habe und mir der Hinweis fehlt, was ausgerechnet diese Zimtsterne/Spitzbuben/Nussecken kostenswert macht. Oder weil ich Mengen scheue (z. B. der sehr hübschen Torte, die auf beiden Etagen ein Ring aus Lebkuchenhäusern ziert – leider viel zu viel für zwei Personen im Lockdown) oder Schwierigkeiten fürchte (z. B. bei den Blondies mit Weihnachtsduft, die nach „Rührteig mit Mandeln“ verlangen, in dessen Rezept jedoch keine auftauchen). Manches ist auch einfach nicht mein Geschmack (z. B. x verschiedene Mürbeteige, die mit Schokolade, Zuckerguss und/oder Streuseln verziert werden – gähn). Dabei wäre gerade dieses „Wieder-Wollen“ für mich das Argument für ein Buch!
Meine Lehre aus dem schiefen Papierturm lautete, Rezeptlieblinge auf Pinterest oder in meinem Blog zu speichern. Ein Buch mit Ideen von populären Blogger/innen klang darum eigentlich nach einem „Perfect Match“. Dass es für mich am Ende doch nicht funktioniert hat, liegt sicherlich nicht zuletzt daran, dass ich an Weihnachtsgebäcken inzwischen andere Dinge schätze als Niedlichkeit und Instagramability. Menschen, die Pop-Blogs mögen und das Internet nicht (selber) ausdrucken wollen, haben sicherlich mehr Spaß daran.
Veröffentlicht im November 2021